Der folgende Artikel ist aus 1999,
Die angegebenen Währungsbeträge sind immer DM

Was Wein kostet

Wie teuer ist guter Wein und wie billig könnte er sein, wenn er nicht gut sein müßte. Eine Betrachtung der Produktionskosten

Wenn Sie sich eine Flasche Wein kaufen, dann orientieren Sie sich natürlich an der Qualität (wenn Sie Gelegenheit haben, sie zu prüfen) und am Preis, am Preis-Leistungs-Verhältnis also. Aber haben Sie sich schon einmal Gedanken gemacht, wie Preis und Leistung zustande kommen? Wir haben dies bezüglich der reinen Produktionskosten einmal getan und zwei Weine gegenübergestellt. Die von uns angenommenen Zahlen sind dabei als Beispiel zu verstehen, sie hängen stark von den betrieblichen Gegebenheiten ab.

Wenn wir Wein machen wollen brauchen wir erstmal Land, welches wir mit Reben bepflanzen. Unter "Kosten des Weinbergs" verstehen wir deshalb zunächst die Kapitalkosten bzw. die Pacht des Grundstücks sowie die Bepflanzung mit Rebstöcken. Wir rechnen ganz einfach mal 10.000 Mark pro Hektar und Jahr. Bei den weiter unten ausgerechneten Erträgen und Weinmengen ergeben sich pro Liter die angegebenen Kosten.

Für die Arbeiten im Weinberg haben wir folgendes angenommen: Der Winzer muß bevor er ernten kann ungefähr dreizehnmal durch den Weinberg gehen. Das beginnt mit dem Rebschnitt, der Boden muß bearbeitet werden, die Reben müßen geheftet werden, eventuell muß gespritzt werden, Laubarbeiten, ausdünnen (entfällt wohl bei Wein A) usw. Für jeden Arbeitsgang haben wir durchschnittlich 60 Stunden Arbeitszeit pro Hektar angenommen, wobei wir von reiner Handarbeit ausgegangen sind. Dazu kommen dann noch einmal 13 Arbeitsgänge, die mit Maschinen erledigt werden und deshalb nur durchschnittlich zehn Stunden dauern. So kommen wir auf insgesamt 910 Arbeitsstunden pro Hektar. Ist aufgrund der örtlichen Gegebenheiten (z.B. in Steillagen) ein Einsatz von Maschinen nicht möglich, dann ergeben sich sogar an die 1500 Stunden. Für einen Spitzenwein benötigen wir im Weinberg Personal mit gewissen Grundkenntnissen, so daß wir bei den Lohn- und Lohnnebenkosten mit mindestens DM 15,00 pro Stunde oder sogar etwas mehr rechnen müssen. Es ergeben sich damit für unseren Spitzenwein also Anbaukosten von bis zu 25.000,00 DM/ha. Die Kosten der Weinlese i.H.v. DM 5.000,00 kommen noch hinzu. Bei einem niedrigen Ertrag von 30 hl/ha hat uns der Liter Wein dann schon 10 Mark gekostet.

Unser Billigwein B kommt mit deutlich weniger aus. Erstmal entfallen während des Jahres einige Arbeitsgänge (z.B. das Ausdünnen). Weiter kann fast alles mit Maschinen gemacht werden, was auch noch mal (s.oben) Zeit spart. Wir gehen von unter 450 Stunden Arbeitszeit pro Hektar aus, die wir auch noch schlecht bezahlen (mit acht Mark die Stunde), weil es ja nicht so drauf ankommt. Das sind dann schon mal nur etwa 3.600,00 DM. Die Kosten der Weinlese sind auch niedriger. Es kommt ein Vollernter, für den wir pauschal 2.000 Mark pro Hektar bezahlen (Lese mit Vollernter: 4 Std./ha. Mietkosten Vollernter: 8,00 DM/Min). Zusammen haben wir jetzt also schon mal nur 5.600,00 DM, dafür aber einen riesigen Ertrag: 300hl/ha. Pro Liter sind wir also mit 19 Pfennig ausgekommen.

Bisher haben wir natürlich nur Trauben und keinen Wein. Deshalb haben wir mit den Angaben von Hektolitern pro Hektar natürlich etwas vorweggenommen. Durchschnittlich läßt sich aus einem Kilo Trauben etwa 0,7Liter Most bzw. Wein gewinnen. Bei unserem supergünstigen Wein rechnen wir mit 40000kg Trauben von jedem Hektar, aus denen wir schließlich 30000 Liter Wein erhalten erhalten. Das entspricht einer Mostausbeute von 75%. Unser Spitzenwein hat nicht nur einen geringeren Traubenertrag pro Hektar (durch entsprechenden Anschnitt der Reben, später eventuell durch Ausdünnung der Trauben und durch eine selektive Lese und Sortierung rechnen wir mit einem Hektarertrag von 7000 kg.), sondern darüberhinaus pressen wir ihn auch fast gar nicht, so daß die Mostausbeute entsprechend mager ausfällt (wir rechnen mit einer reduzierten Mostausbeute von 40-50% statt üblichen 70%).

Als Ausbaukosten werden in einem mittelgroßen Familienbetrieb pauschal 20-25Pfennig pro Liter kalkuliert. Wir denken, daß - wenn es sein muß - auch weniger reicht und setzen für den billigen Wein A 15 Pfennige an. Bei unserem Topwein denken wir aber, daß wir insgesamt mehr Arbeit haben. Wir gehen deshalb zunächst von den o.a. 25 Pfennig des mittelgroßen Familienbetriebs aus. Da der Ertrag aber nur bei einem Zehntel des üblichen liegen soll, verzehnfachen sich eben auch die Kosten pro Liter auf 2,00 bis 2,50 Mark. Der Wein soll dann auch noch in Barriques reifen (Anschaffungskosten 1000 Mark, Restwert nach einmaliger Nutzung 300 Mark), das kostet uns also 700 Mark für 225 Liter, also DM 3,11 pro Liter. Mit den Ausbaukosten liegen wir jetzt schon bei DM 5,60 und insgesamt bei 18.93 und dann verdunstet der Wein auch noch, weil er in Holzfässern liegt. In drei Jahren sind 30% weg, damit sind wir bei 27,04 Mark pro Liter.

Für Abfüllung und Ausstattung kommen wir bei dem billigen Wein mit 45 Pfennig pro Liter aus. Der teure kostet mehr, weil er in kleinere Dreiviertelliter-Flaschen gefüllt wird, bessere Korken braucht, weil wegen der geringen Mengen nicht so kostengünstig abgefüllt werden kann und die Druckkosten bei einer kleinen Auflage auch höher sind.

Unser Topwein kommt schließlich allein wegen der längeren Faßlagerung drei Jahre später in den Verkauf. Dann müssen wir fairerweise auch noch die Zinsen für drei Jahre rechnen (7% jährlich).

Schließlich hat uns der qualitativ optimale Wein 36,43 DM pro Liter gekostet. Eine Dreiviertelliterflasche also knapp DM 27,50. Der Billigwein kostet dagegen nur 1,12 DM und es geht auch noch billiger. Aber Achtung! Wir haben bisher nur von reinen Produktionskosten gesprochen. Durch Handelsaufschläge, Transport und Werbekosten kann sich der Preis bis zum Endverbraucher leicht verdoppeln. Und einschließlich Mehrwertsteuer scheinen dann

etwa 65 Mark gerechtfertigt für einen Wein, der ausschließlich nach qualitätsorientierten Richtlininen erzeugt wurde. Für ältere Jahrgänge kann es (wegen der Kapitalkosten) auch mehr sein. Rechnen Sie nur die Zinskosten. Dann muß ein guter 90er heute schon gut über 100 Mark kosten. Wenn Sie ihn dafür nicht kriegen, dann liegt das an der Marktwirtschaft, wo Angebot und Nachfrage den Preis regeln.

Der Billigwein scheint dagegen mit 2 Mark pro Liter schon fast zu teuer. Wenn Sie ihn dafür nicht kriegen, dann liegt das an den hohen Werbungskosten oder daran, daß hier jemand gut verdient.